ich wollte über die #denkst17 erzählen. ich hatte Dienstagfrüh um 5 angefangen zu tippen. dann wurden die Kinder wach.
seit dem rast die Zeit an mir vorbei.
ich kriege nichts mehr geregelt. ich komme so gut wie überall zu spät. ich schaffe meine Arbeit nicht mehr. ich vergesse Einkäufe.
was passiert ist? 2 Dinge: ich habe eine Kautions-Forderung bekommen und ich habe mich verliebt. zwei Katastrophen auf einmal.
ja, sicher, verliebt zu sein könnte ein wunderbares Gefühl der Leichtigkeit verleihen. und mit etwas emotionaler Unterstützung wäre das mit der Kaution ja vielleicht zu bearbeiten. aber Fakt ist: ich bin seit 36h am weinen. innerlich und jetzt auch äußerlich. ich sitze auf dem Sofa und weine. es hört gar nicht mehr auf.
ja, die Reaktion erscheint übertrieben, es ist nur: ich kann nicht mehr.
der Mensch, in den ich mich verliebt habe, ist ein sehr vorsichtiger aber auch mutiger Mann. wir haben uns gegenseitig überrascht. und wir haben beide unsere Geschichten. wir hatten drei Treffen. am Ende des dritten haben wir uns gesagt, was wir empfinden. es war Montagfrüh. hier steht noch eine Blume, die er mir geklaut hat, auf dem Tisch. ich habe Bilder im Kopf, wie wir mit den Jungs durch das Wohnzimmer tanzen und „wenn ich nicht hier bin, bin ich auf dem Sonnendeck“ singen. ich habe Erinnerungen an Zitroneneis mit Sahne unter einer Kastanie. ich habe Erinnerungen daran, wie begeistert er mit k1 in der Küche Gemüsespieße zum Grillen zusammenbaut und ganz hingerissen ist von k1s Ideen. ich erinnere mich an seinen letzten Kuss.
und überall das legt sich eine blinde Panik. Angst. eine Abweichung von meiner Hoffnung, ein Schmerz, und mein Selbstschutz schießt hoch. ich bettle um Zuwendung. um Verständnis. bitte, bitte, versteh mich. ich kann das nicht so schnell abstellen. in mir ist so vieles wund…bitte schütz mich. hilf mir.
aber es funktioniert nicht.
gleichzeitig sitze ich da und brauche auf einen Schlag 1566,- bis in 3,5 Wochen. mein Gehalt und das Wohngeld, der Unterhaltsvorschuss: alles ist so berechnet, dass ich auf Hartz IV Niveau bin. das reicht für den Alltag. ich kann sparsam sein. aber es reicht nicht für ein zweites Darlehen. ich habe ja schon eines (mit dem ich den Rest der Beerdigungskosten meines ersten Sohne Stück für Stück begleiche).
meine 2do Liste ist zu lang für einen Menschen. meine Kraft ist zu begrenzt. Abend für Abend schlafe ich vor Erschöpfung ein. wenn ich wach werde, kümmere ich mich um den Haushalt. jede Verschiebung hat empfindliche Auswirkungen auf den nächsten Tag. gestern in der Schule war ich eine Stunde länger als sonst und hatte noch dazu in der letzten Stunde eine Klasse alleine, weil die Aufsicht fehlte. ich schaffe das alles. aber mir fehlt die Kraft an einer anderen Stelle.
mir fehlen Pausen. mir fehlt Ruhe. mir fehlt Wärme. mir fehlt Geld. mir fehlen Menschen. mir fehlt Freiheit. und ich fürchte schon jetzt, dass meine Urlaubskasse sich nicht mehr maßgeblich füllen wird um damit an die Nordsee zu kommen. mir fehlt jemand, der/die mir beim Renovieren hilft (und Geld für die Renovierung und Zeit für die Renovierung und Kraft für die Renovierung). mir fehlt Stille.
ja, ich sehe selbst auch, dass meine Tage bis zum Platzen voll sind. ich nehme mir zwischendurch, dann, wenn es geht, Pausen. innerlich. in der Supervision bin ich fast eingeschlafen. bei Gesprächen mit anderen schalte ich zwischendurch ab. manchmal versteck ich mich auf dem Klo. und meine Kinder schauen mir abends beim Aufräumen zu (ich habe keine Kraft, sie regelmäßig ans Aufräumen zu erinnern). meine Tage beginnen morgens zwischen 5 und 6 (immer noch passend zu dem Zeitpunkt, auf dem mein Trauma liegt…aber da ich meistens schon um 20:30/21:00 einschlafe, fällt das kaum noch als Schlafstörung auf) und sie enden in Ohnmacht.
ja, das #denkst17-Wochenende war etwas anderes. ein Stück Leben. ganz viel Wärme. Liebe. Zuneigung. Freude…und es war viel zu teuer für uns. ich habe es aus Bockigkeit gemacht. weil ich auch dabei sein wollte. weil ich dazu gehören wollte. weil ich hier raus wollte. aber es hat knapp 250,- gekostet. viel zu viel Geld für uns. das sind 5 Wocheneinkäufe. oder 4 Einkäufe und einmal Friseur. oder ein Drittel der Miete.
und jetzt sitze ich hier voller Scham heulend auf dem Sofa. das Leben entgleitet mir immer wieder. ich kann nichts festhalten. nichts hält mich fest. und egal, wie sehr ich mich anstrenge: immer bleibt etwas über, was ich nicht schaffe.
ich wäre so gern nicht alleine hier. es tut uns dreien so gut, wenn noch jemand hier ist. und gleichzeitig schaffe ich es nicht, die dafür notwendige Planung in die Hand zu nehmen. ich schaffe es nicht. ich bin 39 und kann weder meine Kinder alleine versorgen noch einen Urlaub ansparen, die Wohnung renovieren oder eine Beziehung anfangen. gerade kann ich mich vor heulen nicht um meine Kinder kümmern. ich bin wach seit 3:00. vorher habe ich auch kaum geschlafen, weil der Kleine so unruhig war.
meine liebe Freundin hat einen Spendenaufruf für mich gemacht. ich sehe ihre Liebe darin. und ich schäme mich, dass ich da drin stehe. weil das belegt, dass ich es nicht schaffe. unabhängig davon, ob es überhaupt irgendjemand schaffen könnte, ist das Gefühl, mit seinem eigenen Leben überfordert zu sein, katastrophal.
ich schreibe das alles hier, damit ihr anderen seht, dass ich es nicht schaffe. dass ich kämpfe, aber dass es nie reicht. dass mein Leben eine Achterbahn geblieben ist. dass ich nicht genug Hilfe habe. und dass ich das alles weiß.
ich schreibe das, damit ihr seht, dass ihr keine Versagerinnen seit, auch wenn wir uns vielleicht alle so fühlen. dass wir uns alle schämen. dass das Leben zwar weitergeht, aber viele von uns nicht mehr mitspielen können, weil Ressourcen fehlen oder Unterstützung oder Wärme oder Geduld oder Zeit oder Verständnis oder alles gleichzeitig. ich bin dankbar, dass ich nicht auch noch eine Krankheit wuppen muss. dass wir drei gesund sind. ich bin dankbar, dass ich einen unbefristeten Arbeitsvertrag habe. dass ich überhaupt Geld verdiene. dass ich arbeiten gehen kann.
und gleichzeitig bin ich erschöpft von der Ehe, der Trennung und all meiner Angst vor der Zukunft. ich bin erschöpft von meiner Angst vor der Nähe zu diesem Mann. ich bin erschöpft davon, um Hilfe zu bitten.
selbst wenn es ein Netzwerk gäbe, in das ich mich einklinken wollen würde, ich wäre zu müde und zu pleite um es zu tun. und ich bin mir sicher, dass ich nicht die einzige bin, der es so geht. die verzichten kann auf Tanzen, Theater, Kino und Spaziergänge im Sonnenuntergang. die aber darunter leidet, nirgends mehr dazugehören zu können.
liefs,
Minusch
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