was bisher geschah…
ab November hatte ich, trotz meines Wissens um das eigene Weihnachtsmojo die ersten panischen Anflüge. Weihnachten. und niemand wird bei uns sein. ich hatte mir vor einem Jahr vorgenommen, Freunde zu finden. vielleicht sogar eine*n etwas intensivere*n Freund*in. ich dachte: ey, wir sind eine so tolle kleine Familie und es wird doch möglich sein, in diesem Universum jemanden zu finden, der/die Lust hat auf ein Weihnachtsfest mit uns dreien.
I was so wrong.
also, sicher nicht, was unsere family-quality angeht. aber was die Menschen angeht. ich habe wirklich sehr sehr viele Menschen kennengelernt. also, es gibt keine Strichliste, aber allein über Twitter waren es sicher 30 handshake-Momente. und über Dating-Plattforms hatte ich auch ständig jemanden zum schreiben. gut, die konkreten Dates waren gezogen über dieses Jahr nicht ganz so viele. und vor allem ist mir vor allem von den Dates kaum jemand geblieben. und damit nähern wir auch schon dem Kern meines Pudels:
„woho, I’m an alien…“
ich kenne mich. und ich mag mich. und weil ich mich kenne und mag, schließe ich ganz gern von mir auf andere und gehe beim Kennenlernen davon aus, dass andere das selbstverständlich auch so machen. also, das sich kennen und mögen. möp. blöde Vorannahme. inzwischen habe ich so viele Gegenbeispiele gesammelt, dass ich mich fragen muss, wie ich so doof sein konnte, vorauszusetzen, dass meine Ideale auch die der anderen sind? irgendwie naiv.
wenn ich zurückschaue auf mein Leben, dann kann ich an verschiedenen Stellen die Kreuzungen meiner Entscheidung erkennen. ich erkenne auch die Konsequenzen aus den Entscheidungen. ich erkenne meinen Weg und diese Kreuzungen darauf, an denen ich ziemlich klar die Richtung gewählt habe. es hätte oft auch andere Möglichkeiten gegeben, aber für die war ich sowas ähnliches wie blind. die Entscheidungen der anderen, die hier und da anders abgebogen sind als ich, sind für mich also nicht nur nicht meine sondern auch noch nicht nachvollziehbar. nein, ich halte mich nicht für besser oder weiser! Menschen, die mir ihre Entscheidungen erklären, kann ich gut verstehen. nur, weiß ich nicht unbedingt von mir aus, warum diese anderen Entscheidungen für andere Menschen Sinn machen, wenn es sich doch für mich total unsinnig anfühlt. logisch, oder?
also das, was ich sehe, kann nur jemand sehen, der/die meinen Weg gegangen ist. und es ist mehr als müßig, mit bald 40 darauf zu hoffen, dass mir jemand einfach vor die Füße fällt, der/die ebenso denkt/handelt/schaut wie ich. das musste ich erstmal verstehen!
schwierig ist auch, dass ich schon immer edgy war und nicht zu denen zählte, die eine Rolle in der Clique erfüllten oder besonders beliebt waren oder easy to handle. also, ich habe das versucht! ich habe versucht, mich anzupassen, dazuzugehören, Teil einer Gruppe zu sein…es ging jedes einzelne Mal ordentlich schief. meine Interessen ermöglichen keine Schublade, in die ich passen könnte. ich bin sowas wie high-functioning-emotional-kitchen-nerd-mom-with-intelectual-and-physical-anger-abilities. haha! über jeden einzelnen Aspekt davon kann jemand stolpern und dann meine eigene Ambivalenz, gleichzeitig Hedonisten und Stoikerin zu sein. Heidewitzka! es scheint, als gäbe es mehr Gründe, mich besser aus der Distanz zu beobachten als meine Nähe zu suchen. und wenn wir dann noch politisch werden oder gesellschaftskritisch, feministisch oder utopisch, dann wird die Luft mal so richtig eng.
zurück zum Mojo:
…neben mir liegen zwei müde Weihnachtskinder. eines im neuen Ninjago-Schlafanzug. eines im neuen My-little-Pony-Schlafanzug. wir haben unsere Weihnachtsenergie-Akkus aufgeladen. der Vorteil am zu dritt sein ist, dass es auf jeden Fall niemanden gibt, der/die enttäuscht ist. da ich die einzige Adresse für Wünsche bin (ich bin offiziell anerkannte Weihnachtsmannhelferin!), kommen die Wünsche zu mir. das Essen für die Tage haben wir zusammen beschlossen. ich habe da keinen Ehrgeiz, den Gänsebraten durchzusetzen. und ich weiß, dass ich selbst aus einem Käsebrot ein Festessen machen kann. meine Kinder finden Fondue prima. ich auch. es gibt kein Abendessen, das so schnell auf dem Tisch steht wie ein gut vorbereitetes Fondue. das Salat-Schnippeln war sogar Teil des Nachmittagsprogramms. als wir aus dem Wald zurückgekommen waren und unterwegs jedem Jogger „Frohe Weihnachten“ entgegengeschleudert hatten, waren noch 2h Zeit bis Dunkel. und in dieser Zeit haben wir Musik gehört, Rote Bete und Birnen geschnitten, Salat gewaschen, Walnüsse geknackt, Vinaigrette gerührt, Pilze und Brokkoli geputzt und geschnitten, vorgelesen, die Spülmaschine ausgeräumt…
jede*r konnte in seiner Geschwindigkeit mitmachen. jeder*r konnte sich auch rausziehen. jeder*r wusste, dass wir warten, bis es dunkel ist. da war Geduld, Spannung, Vorfreude, Freude und ein aufglühendes Weihnachtsmojo. wir drei waren in Ruhe miteinander.
der Abend verging in diesem goldenen Gefühl, bis wir um 23:00 im Bett saßen und ich den beiden vorgelesen habe. alle drei nebeneinander. die Kinder mit den neuen Schlafanzügen und mit den neuen Kuscheltieren im Arm. die Köpfe voller Glück über die Päckchen. die Herzen voller Sicherheit, gesehen zu werden. die Bäuche voller leckerem Essen.
wir hatten einen gemeinsamen Fahrplan. wir haben gemeinsam gestaltet. gut, den Spaziergang am Mittag habe ich durchgesetzt, weil die zwei eigentlich lieber nur rumlungern wollten. aber 3h Frischluft an einem Feiertag sind in meinen Augen keine Strafe und das Weihnachtsbaum-für-Wildtiere-schmücken fanden die beiden dann auch großartig (obwohl k2 die Möhren wohl lieber selber gegessen hätte) und die Fahrt mit dem Rad durch den Wald nach Hause war auch ziemlich schön. zwischen Weihnachtswunsch-Rufen haben wir Weihnachtslieder gesungen.
heute ist der 27te. Weihnachten ist rum. wir sind weihnachtssatt. wir waren einen Tag bei Freunden der Kinder (und ich durfte zum Abendessen 30 Kartoffelpuffer machen und war total glücklich) und einen Tag habe ich einen Gutschein fürs Jugendstilbad genutzt und war mit den Kindern planschen, im SPA und in der Sauna. im Ruhebereich haben wir leise aus einem Buch gelesen. ich hatte zwei Saunagänge und 10min im Dampfbad. und ich bin so stolz auf die zwei, weil sie das mitgemacht haben für mich.
das alles ging so, WEIL wir „nur“ zu dritt waren.
ja, Weihnachten funktioniert entschleunigt. es ist eine Frage der Kompromissbereitschaft und der Erwartungen. dies Auszubalancieren ist zu dritt natürlich ziemlich leicht. wenn mehr Personen dazu kommen, dann wird es komplizierter. aber: spricht eigentlich irgendwas dagegen, vorher mit den anderen Beteiligten darüber zu reden, was stressig wäre und wie eine Alternative aussehen könnte? ich meine die Frage ernst. geht das nicht? müssen an Weihnachten aufwändige Gastmähler her? braucht es wirklich Geschenke für Erwachsene, die nicht direkt essbar sind? braucht es überhaupt mehr als einen lieben Gedanken im Glas? beispielsweise kostet das weltbeste Olivenöl pro kleine Flasche 9,99Euro. es schmeckt so dermaßen gut, dass das in meinen Augen ein Hammer-Geschenk ist. oder eine Marmelade vom Sommer. ein Pesto für zwischen den Jahren (bitte keine Lebkuchen…Lebkuchen kann an Weihnachten wohl kaum noch einer sehen). Gutscheine für gemeinsame Ausflüge. einmal Kochen für jemand anderen. Babysitting-Zeit. einander vorlesen. Händchen-halten auf der Kirmes. zusammen Fahrräder frühlingsfit machen. gemeinsames Frühstück. ein Film-Nachmittag. Valentinstag-Backup…*sfzt* es gibt so viele schöne und hilfreiche Sachen.
ich glaube, Bescheidenheit fühlt sich nur am Anfang fremd an. und die Kinder mitentscheiden zu lassen passt zwar nur bedingt in die Tradition, sollte aber auch an Feiertagen mehr Raum bekommen. und in Anbetracht der gesellschaftlichen Entwicklung und in Anbetracht des eigenen Stresslevels. in Anbetracht dessen, dass wir zwar alle ständig mit Menschen zu tun haben aber trotzdem undersocialized sind. dass wir Müll vermeiden und sortieren und an Weihnachten mit Bergen zerrissenem Geschenkpapier dastehen. dass wir einfache Dinge und Stille mögen und zu selten dazu kommen. dass wir Freunde suchen, diese neuen Bekannten aber nie Zeit haben und wir selber uns dabei ertappen, eng zu werden, wenn jemand Zeit von uns braucht. was wäre da an Weihnachten nicht logischer, als mit den „Traditionen“ zu brechen und entgegen dem Konsum Zeit zu verschenken?
was bringen wir unseren Kindern bei, wenn wir über bewussten Konsum reden und an Weihnachten Geschenkberge produzieren? dass Päckchen den Baum erst so richtig schön machen?
ich habe dieses Jahr so viel gelernt. vor allem über mich selbst. über meine Ängste, über meine Selbstwirksamkeit, über Perspektiven auf Leben und über Ansprüche. ich kann das gar nicht so einfach in Worte destillieren. aber es gab glücklicherweise immer wieder Menschen, die mir zumindest interessiert zugehört haben oder sich aus der Ferne Zeit für mich genommen oder ihre Gedanken in Post übersetzt haben. ich habe für mich drei Leuchttürme ausgemacht, die über die Republik verteilt für mich leuchten. leider alle weit weg. aber alle drei sehr da. und mehr da, als andere da sein konnten. obwohl ich zwei von den drei Türmen noch nie getroffen habe. hinzukommen viele kleinere Nebelleuchten, die immer wieder einen Gedanken schicken. und auch diese zärtlichen Nebelleuchten sind wichtig für mich geworden.
jetzt gerade bin ich in Ruhe. das Pendel hängt still. inzwischen liegt ein Kind auf meinem rechten Arm und das andere feuert mich an, schneller zu tippen. gleich gibt es Pancakes. dann wasche ich Wäsche. es ist gut.
an meinem Geburtstag wird jemand kommen. mindestens eine liebe Bekannte wird hier sein. und das wird reichen. ich hatte von einer großen Party zum 40ten geträumt. aber dieser Traum war nicht unbedingt Teil von mir. jetzt vertraue ich auf den Silvesterspirit. ich vertraue auf die alte Glitzerdeko und die neuen Girlanden, die ich mit den Jungs aufhänge. ich vertraue auf die Kuchen, die ich backen will. ich vertraue darauf, dass wir schon jetzt so viele schöne Traditiönchen haben, dass mein 40ter Geburtstag an Silvester eine eigene Schönheit haben wird.
wir sind sicher. wir haben uns lieb. wir nehmen aufeinander Rücksicht.
das reicht als Regeln für das Leben, denke ich.
kommt gut ins neue Jahr, Ihr Lieben da draußen!
Liefs,
Minusch

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